Unterwegs im Blauen Land
Stifterfreizeit in Benediktbeuern vom 12. -15. Mai 2019
Ein Bericht von Dr. Christl Thienwiebel
Im Pfaffenwinkel
Noch ganz erfüllt vom Stifterfest, fuhren wir am Sonntag zum Hohenpeißenberg. Das „Blaue Land“, wie das oberbayerische Voralpenland wegen seines besonderen Lichteinfalls genannt wird, versteckte die Strahlkraft seiner Berge leider in einem regnerischen, verhangenen Himmel. Das grandiose Gebirgspanorama des Hohenpeißenbergs mit Zugspitze, Karwendel, Estergebirge und Ammergauer Alpen ließ sich nur erahnen, Schneeflocken begleiteten uns. Der heiteren Stimmung aller Teilnehmenden tat dies indes keinen Abbruch. „Der Bauern wegen wollen wir fröhlich sein“, brachte es eine Teilnehmerin treffend auf den Punkt.
Wir besuchten die Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt, deren wunderbare Lage auf dem Berg, diesen Ort bereits ab 1514 zu einer vielbesuchten Wallfahrtsstätte werden ließ. In der Kirche kann der alte Pilgersegen „Freude sei dem, der hier herkommt, Friede dem, der hier verweilt und Segen dem, der von hier auszieht“ zu einer tiefen Erfahrung werden. Abschließend warfen wir noch einen Blick auf das meteorologische Observatorium, in dem seit 1781 regelmäßig Wetterbeobachtungen stattfinden und das als älteste Bergwetterstation der Welt gilt.
Gestärkt durch Speis‘ und Trank, ging es am Nachmittag weiter nach Steingaden zur „Wies“. Dr. Agnes Fischer führte uns ein in die religiöse und kunstgeschichtliche Historie der Wies. Die Wallfahrtskirche zum Gegeißelten Heiland auf der Wies gehört seit 1983 zum UNESCO Weltkulturerbe und ist eine der berühmtesten Rokokokirchen der Welt. Seit 1738 eine Bäuerin Tränen in der Figur des gegeißelten Jesus sah, breiteten sich die Kunde vom Tränenwunder und die Wallfahrt rasch und europaweit aus. Heute kommen jährlich bis zu einer Million Besucher aus aller Welt, doch der an schönen Tagen übliche Besucherstrom hielt sich in Grenzen und so konnten wir die Ausstrahlung dieses besonderen Ortes auf uns wirken lassen.
Von Windbeuteln und Herrgottsschnitzern
Am Montag meinte es Petrus gut mit uns und schickte nach dem Dauerregen Sonnenstrahlen und blauen Himmel! Wir fuhren nach Garmisch und erreichten nach einer schönen Wanderung auf dem Kramer-Höhenweg mit Blick auf das mächtige Zugspitzmassiv die „Windbeutelalm“, deren gefüllte „Windbeutelmonster“ uns köstlich mundeten.
In Oberammergau, dem Dorf der Passionsspiele und Herrgottsschnitzer lagen Sehenswürdigkeiten wie Festspielhaus, Pilatushaus, Stadtpfarrkirche mit ihren wunderbaren Lüftlmalereien für uns in mildem Sonnenschein und vermittelten ein „Oberbayern pur“ – Gefühl.
Nach Kultur, Bummeln, Kaffeetrinken… fuhren wir gemütlich zurück nach Benediktbeuern.
Im Aktionszentrum
Ein Beispiel hervorragender Salesianischer Arbeit konnten wir am Dienstagvormittag im Aktionszentrum (AZ) der Jugendbildungsstätte der Salesianer Don Boscos in Benediktbeuern erleben. Der Leiter Franz Wasensteiner gab uns einen Überblick über die verschiedenen Bereiche der Bildungsarbeit, die neben der schulbezogenen Bildung auch offene und individuelle Angebote für junge Menschen umfasst.
Den Schwerpunkt bilden dreitägige Orientierungstage für Schulklassen. Außerhalb des schulischen Umfelds, in wertschätzender und vertrauensvoller Atmosphäre können von den Jugendlichen selbstgewählte Themen aus den Bereichen Persönlichkeitsentwicklung, Lust auf Leben, Liebe-Freundschaft-Partnerschaft sowie aus dem Bereich der sozialen Kompetenz besprochen und vertieft werden. Ein Team aus Salesianerpatern, TheologInnen, SozialpädagogInnen und weiteren ReferentInnen sensibilisieren Jugendliche dafür, dass der Glaube eine Lebenskraft ist und sie daraus ihr Leben gestalten können. Religiöse Bildung zieht sich als Querschnittsaufgabe durch alle Bildungsangebote des AZ.
„Ich will, dass aus meinen Jugendlichen gute Christen und ehrenwerte Bürger werden“ – gemäß dieses Leitsatzes Don Boscos wurde im Rahmen der Europawahl ein „Europaraum“ eingerichtet, in dem junge Menschen sich informativ, spielerisch, diskutierend mit dem Thema auseinandersetzen können … und nicht nur Jugendliche, …auch wir hatten starkes Interesse und testeten unser Wissen.
Mit einem Gebet in der Kapelle des AZ endete unser Besuch. Die große Begeisterung und spürbare Authentizität mit der Franz Wasensteiner uns die Arbeit des AZ mit den jungen Menschen vorstellte, hinterließ bei allen Teilnehmenden tiefen Eindruck.
Der Leitsatz Don Boscos wird im Aktionszentrum mit weitem Herzen zutiefst verwirklicht und gelebt:
„Ich will für meine Jugendlichen
ein Haus, das junge Menschen aufnimmt,
eine Schule, die auf das Leben vorbereitet,
eine Pfarrei, die von Gott erzählt,
einen Spielhof, auf dem man einander freundschaftlich begegnen kann.“
Blauer Reiter
Am Nachmittag besuchten wir das schöne Städtchen Murnau sowie das Münter-Haus. Hier lebten Gabriele Münter und Wassily Kandinsky von 1909 bis 1914, ihr Wohnhaus war Treffpunkt der expressionistischen Maler Marc, Macke, Jawlensky, und anderer sowie Entstehungsort des Blauen Reiters. Von den Einheimischen verächtlich „Russenhaus“ genannt, rettete Münter die bedeutenden Werke im Keller ihres Hauses durch den zweiten Weltkrieg. Heute sind die Bilder im Lenbachhaus in München zu besichtigen und begründen die weltweite Bedeutung dieses Museums.
Ein kurzer Spaziergang durch die Kottermüller-Allee – mit Eichen von 1870 – schenkte uns zum Abschluss dieses interessanten Tages einen Blick auf die Weite des Murnauer Moors und die sehr schneebedeckten Berge.
Zum Abschluss der Stifterfreizeit am Mittwoch gestaltete Pater Claudius eine kleine Andacht in der Klosterkapelle und erteilte den Segen für die Rückreise sowie den Weg durch die vor uns liegende Zeit bis zu einem Wiedersehen im nächsten Jahr.
Fotos: privat