Stifterfest 2022 – II: Wirkung vor Ort und weltweit
Von Benediktbeuern nach Istanbul, von Nürnberg nach Ghana – die Themen beim Don Bosco Stifterfest führten rund um den Globus. Und die Pausen waren nie lang genug für all das, was man sich, nach zwei Jahren ohne das große Jahrestreffen, zu erzählen hatte.
Das Stifterfest 2022 begann am Vorabend – siehe Bericht vom Kamingespräch. Im Folgenden blicken wir auf den zweiten Stifterfest-Tag zurück, am Samstag, den 7. Mai 2022. Separat finden Sie auch den Bericht über das Interview mit dem Vorstand.
Engagement mit Händen greifen
Die Atmosphäre beim jährlichen Stifterfest scheint erfüllt von dem Gefühl der Gemeinschaft, von dem Interesse füreinander und für die gute Sache. Alle sind neugierig auf das diesjährige Programm: Welche Projekte stellen sich heute vor? Wie hat sich die Stiftungslandschaft weiterbewegt? Welche Wirkung hatte der stifterische Einsatz? „Das Engagement für junge Menschen ist hier quasi mit Händen zu greifen“, so umschreibt ein Gast die Stimmung.
‚Stellwerk‘ in Nürnberg
Unter die Haut ging den Stifterfestgästen die Vorstellung des Projekts ‚Stellwerk‘, in dem sich die Salesianer Don Boscos um besonders benachteiligte Jugendliche und junge Erwachsene in Nürnberg kümmern. In Film und Vortrag stellten die Projektverantwortlichen und ein Projektteilnehmer vor, was das ‚Stellwerk‘ bedeutet und was es bewirken kann, jeder auf seine Weise: Jiri Pacourek als Bereichsleiter in Nürnberg, Pablo Rohlmann als Leiter im offenen Treff, Romano Mesek als Teilnehmer. Es geht um junge Leute, die durch Alkohol, Drogen und Kriminalität ihrem sozialen Gefüge entgleiten, bald keine Perspektive mehr sehen und ihren Selbstwert verlieren. Ihnen bieten die Sozialarbeiter vom ‚Stellwerk‘ niederschwellige, ganz praktische Hilfen: Wäsche waschen, duschen, essen, trinken. Sie hören zu, interessieren sich für ihre Probleme. Auch Fußball spielen oder einfach zusammen eine Zigarette rauchen ist wichtig. Niemand außer den Salesianern kümmert sich mehr um die, die völlig außerhalb des Systems leben. Jugendhilfe, Obdachlosenhilfe – das haben diese jungen Leute bereits hinter sich. Meist sind sie zwischen 18 und 27 Jahren. Im ‚Stellwerk‘ finden sie nun wieder eine Anlaufstelle, in der sie immer und jederzeit willkommen sind.
Romano Mesek, Bewohner und Teilnehmer des Projekts, kam auf eigenen Wunsch mit zum Stifterfest. Er hat die Chance, die er im ‚Stellwerk‘ bekam, mit beiden Händen gepackt, um sein Leben noch einmal umzukrempeln. „Seitdem ich 16 bin, wird über mich geurteilt, und zwar nicht gut. Ich habe mich auch nicht gut benommen, aber ich war auf der Straße! Ich habe mehrfach versucht, Hilfe zu bekommen, auch bei den Ämtern. Doch man wird immer abgeschoben und im Endeffekt passiert nichts. Vor einem Jahr bin ich zu Don Bosco gekommen – und plötzlich geht etwas voran. In meinem Leben passiert etwas! Ich habe ein Zuhause gefunden, hier habe ich Menschen, die mich hören und die mich unterstützen.“ Romano Mesek zieht jetzt in eine eigene Wohnung. Er schafft es.
Durch nicht enden wollenden Applaus vermeldeten die Stifterfestgäste, wie sehr das ‚Stellwerk‘ sie berührt hatte. Jiri Pacourek gab ihnen herzliche Rückmeldung: „Dieser Applaus gehört auch euch, den Förderern und Stiftern: Denn das alles machen wir mit euch gemeinsam, und dafür sind wir dankbar!“
Volunteers Academy – die Akademie für Freiwillige
In Form einer Talkshow moderierten die beiden Volontärinnen Sara Rowshan und Veronica Seidler ihren Programmpunkt. Wie ihnen erging es vielen jungen Menschen in den letzten Jahren: Sie wollten einen Freiwilligendienst im Ausland in einer Don Bosco Einrichtung machen – doch Corona machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Niklas Gregull vom Aktionszentrum Benediktbeuern berichtet: „Der Vorbereitungskurs war schon gelaufen, diese jungen Leute hatten sich für Don Bosco entschieden und Don Bosco hatte sich für sie entschieden. Doch wegen Corona sind alle Auslandseinsätze ausgefallen. Wir mussten schnell ein sinnvolles Angebot für die jungen, engagierten Leute schaffen!“ Die Salesianer Don Boscos überlegten nicht lange und gründeten die ‚Akademie für Freiwillige‘ in Benediktbeuern für Volontäre aus ganz Deutschland: In Workshops und Seminaren, bei Diskussionsabenden und mehr beschäftigten sich die Volontäre mit den ‚Zielen für nachhaltige Entwicklung‘ der Vereinten Nationen, die auch SDGs genannt werden (kurz für: Sustainable Development Goals). Immer im Wechsel zur Akademiezeit in Benediktbeuern waren Sarah und Veronica im Jugendhilfezentrum in Pfaffendorf eingesetzt. Und auch gemeinsame Aktionen wie Wandern, Kanu-Fahren oder Gartenarbeit im Kloster Benediktbeuern fehlten nicht. „Es war eine besondere Form, seinen Freiwilligendienst zu leisten, sehr persönlich, in sehr enger Gemeinschaft. Jeder einzelne von uns hat sich sehr weiterentwickelt. Auch in unserem Glauben wurden wir begleitet und bestärkt“, so die beiden Volontärinnen. Beide sind auch jetzt noch mit Don Bosco in Kontakt und engagieren sich weiterhin für junge Menschen.
Don Bosco Weltweit – Bildung statt Kinderarbeit
Der Schwerpunkt der letzten Jahre? Dr. Nelson Penedo, Geschäftsführer der Don Bosco Mission in Bonn, kann das in einem Wort zusammenfassen: Corona! Depressionen und Suizide bei Kindern und Jugendlichen weltweit sind gestiegen, der Erwartungsdruck ist zu hoch, die Einsamkeit zu groß, die Mutlosigkeit unüberwindbar. Die Don Bosco Mission versucht, wo immer möglich, mit Nothilfeprogrammen gegenzusteuern. Mit Corona in Zusammenhang steht auch der zweite Schwerpunkt der Don Bosco Mission: die Bekämpfung ausbeuterischer Kinderarbeit. Diese hat in der Corona-Zeit zugenommen, da Familien immer mehr in Not kamen. 160 Millionen Kinder weltweit sind betroffen. Sie sind Risiken ausgesetzt, werden in ihrer physischen und mentalen Entwicklung gehemmt, und können nicht zur Schule gehen. Beispielhaft stellte Dr. Penedo ein Projekt in Goma in der Demokratischen Republik Kongo vor, wo 400 Kinder für die Minenarbeit eingesetzt werden. Das Ziel der Don Bosco Mission ist es, alle 400 Kinder aus den Minen und in die Schule zu bekommen. Mit starken Partnern vor Ort gehen die Salesianer Don Bosco es vor Ort an, klären Minenbesitzer und Familien auf, sorgen für genügend Schulplätze und bekämpfen die Armut der Familien. Etliche Stifterinnen, Stifter und Förderer sind ebenfalls am Start – der Wille, hier etwas zu verändern, ist groß. „Es geht nur zusammen“, schließt Dr. Penedo diesen Programmpunkt auf dem Stifterfest ab.
Von Benediktbeuern nach Ghana
Magdalena Hindelang brachte den Stifterfestgästen das Leben in Sunyani, Ghana, näher, wohin sie vor drei Jahren als Volontärin entsandt war. Sylvanus Asigbey, der schon seit 16 Jahren bei Don Bosco ist – zunächst im Technical Institut in Sunyani, seit 2021 in Benediktbeuern – unterstützte sie dabei. Gemeinsam zeigten sie zahlreiche Bilder vom Markt, vom Essen, vom Sport oder aus der Don Bosco Einrichtung in Ghana und berichteten vom Alltag, von Musik und Tanz, vom Gottesdienst und vielem mehr. Die Begeisterung und Freude beider war ansteckend. Magdalena Hindelang engagiert sich auch heute noch ehrenamtlich im Aktionszentrum in Benediktbeuern. Das Volontariat scheint zu prägen.
Stifterfamilie
Die Verleihung der Don Bosco Medaille an die neuen Stifterinnen und Stifter ist eine gute Tradition beim Stifterfest. Seit dem letzten Stifterfest konnten zahlreiche neu gegründete Stiftungen begrüßt werden. Stifterin Birgit Weiß berichtete über ihre Stiftungsgründung: Sie war durch ihr ehrenamtliches Engagement an der Seite von Pater Claudius und Stifterin Dr. Agnes Fischer auf die Idee gekommen, selbst eine Stiftung zu gründen – den ‚mit DIR! Stiftungsfonds‘. Alle anderen neu gegründeten Stiftungen wurden verlesen, da die Stifterinnen und Stifter nicht vor Ort sein konnten.
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Stifterfest Teil I: Kaminabend
Stifterfest Teil III: Interview mit dem Vorstand
Am besten schon vormerken: Stifterfest 2023 am 28./29. April 2023 in Benediktbeuern
Fotos: Klaus D. Wolf